„Der Plan A der Pandemiebewältigung ist ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2“, schreibt Hendrik Streeck, „gerade in der immer schneller werdenden, vernetzten globalisierten Welt, in der wir leben, ist ein Impfstoff mittlerweile der einzige effektive Weg, die todbringende Verbreitung von Erregern wie Zika, Ebola, Dengue oder HIV vollständig zu unterbinden.“ Seit Beginn der Corona-Pandemie gehört der Direktor des Institutes für Virologie und HIV-Forschung an der Universität Bonn zu den wichtigsten Politik-Beratern in Deutschland. Im Frühjahr 2020 untersuchte er in Gangelt im Kreis Heinsberg genauer, wie sich das Virus ausbreitete. Mit seinem Team sammelte er Daten zu Übertragungswegen und Krankheitssymptomen, überprüfte Verhaltensregeln. In einer weiteren Studie wurden Schnelltests und die Dunkelziffer der Infektionen untersucht, um „Gefahren richtig einzuordnen, denn das ist Aufgabe der Wissenschaft. Wir müssen alle lernen, mit dem Virus zu leben – das war meine Botschaft.“ Was er dabei erfuhr, schildert er ebenso wie kontroverse Diskussionen mit anderen Experten. Schließlich zieht Hendrik Streeck erste Lehren aus der Coronakrise: Die Forschung müsse gefährliche Viren früher erkennen. Eine finanziell starke Weltgesundheitsorganisation könne schneller eingreifen, wo neue Krankheiten drohen. Das Pflegepersonal verdiene mehr Lohn, bessere Arbeitszeiten „und vor allem mehr Kollegen, damit man gemeinsam die Arbeitslast schultert“. Er plädiert dafür, zur Pandemiebekämpfung neben den Neuinfektionszahlen das Alter der Infizierten, die Auslastung der Krankenhäuser und die Anzahl durchgeführter Tests stärker heranzuziehen.

Hendrik Streeck: Hotspot – Leben mit dem neuen Coronavirus. Mit Margret Trebbe-Plath; Piper 2021, 192 Seiten

Für den Arzt und Virologen Alexander Kekulé steht fest, dass staatliche Therapien gegen das Corona-Virus langfristig nicht helfen. Lockdowns und Reiseverbote wirken aus seiner Sicht zu kurz, „nur die Bevölkerung selbst kann sich durch individuelles Verhalten schützen und den Erreger eindämmen. Voraussetzungen dafür sind wissenschaftlich fundierte, nachvollziehbare Empfehlungen, die Verfügbarkeit der dazu notwendigen Utensilien (wie Masken oder Schnelltests) sowie das Vertrauen, dass all dies, was einem angetragen und abverlangt wird, richtig und notwendig ist.“ Dazu blickt er auf frühere Pandemien und die besonderen Merkmale von Corona-Viren, erläutert die Reaktion des Immunsystems im menschlichen Organismus auf bedrohliche Angriffe und fasst den Stand der Forschung zusammen. Außerdem diskutiert er Theorien darüber, woher SARS-CoV-2 kam und wie die Impfstoffe das Virus bezwingen könnten. Kritisch nimmt Alexander Kekulé staatliches Krisenmanagement weltweit unter die Lupe: „Überall dort, wo man der Pandemie mit einem Wechselbad aus Phasen der Entspannung einerseits und mehr oder minder massiven Einschränkungen der Menschenrechte andererseits begegnet, sinkt bei den Leuten mittlerweile die Akzeptanz der staatlichen Maßnahmen.“ Um die Anpassungsfähigkeit der Bevölkerung zu erhöhen, favorisiert er die SMART-Strategie, eine fein abgestimmte Kombination von Masken und Tests für alle, schneller Kontaktverfolgung, der Vermeidung von Superspreading-Ereignissen und den Schutz von Risikogruppen. Kluges und selbständiges Handeln überall ist für ihn die entscheidende Voraussetzung, um Krisen wie diese zu überleben.

Alexander Kekulé: Der Corona-Kompass – Wie wir mit der Pandemie leben und was wir daraus lernen können. Ullstein 2020, 352 Seiten